Zu viele Bücher. Zu wenig Platz. Da hilft nur: Aussortieren.
Meine Bücher wohnen nicht in Regalen, sondern in einem Schrank. Genauer gesagt: in sechs schönen Schrankmodulen, die mir vor Jahrzehnten zugelaufen sind. Wer einmal hier gelandet ist, bleibt. Vielleicht nicht für immer, aber für längere Zeit.
Zu den Arrivierten kommen die Vagabunden. Sie campieren auf dem Schreibtisch oder neben dem Sofa, stapeln sich auf Schränken und Beistelltischen. Die meisten sind in Bewegung, wollen gelesen, rezensiert, verschenkt werden. Andere warten still auf ihren Einsatz in einem der Projekte, die in meinem Kopf herumspuken. Ich passe auf, dass die Bücherstapel sich nicht unkontrolliert vermehren, aber es ist schwierig und gelingt nicht immer. Wenn ihr Anblick statt Leselust den Drang weckt, wegzulaufen oder aufzuräumen, muss etwas passieren.
Vorgestern traf mich ein Gedankenblitz, eine vage Idee, wie ich die Bücher anders organisieren könnte. Gestern probierte ich es aus. Eine Auswahl besonderer Bücher, die mir zuverlässig gute Laune und Inspiration schenken, sollten ihren eigenen Platz bekommen. So bezogen einige Comics, Gedichtbände, Bilderbücher ein gemeinsames Fach im Bücherschrank.
Das war ein guter Anfang für eine Totalveränderung. Ich räumte meinen Leseplatz um, verrückte Schränke, Sessel, Lampen. Jetzt sieht es luftiger aus und bietet neue Perspektiven. Neben meinem „Inspirationsfach“ sammeln sich die aktuellen Lese- und Rezensionsexemplare. Drei Fächer (und nicht mehr) sind reserviert für „Projektbücher“ und ich bin zuversichtlich, dass mir dies hilft, mich zu fokussieren und Ideen umzusetzen oder aufzugeben, um Raum für bessere zu schaffen.
Das Zimmer ist voll mit Bücherstapeln, weil ich die Schänke nur bewegen kann, wenn sie leer sind. Viele Nomaden haben einen Platz gefunden. Die meisten alteingesessenen Bewohner der Bücherschränke sind im noch im Campingurlaub. Nicht alle werden zurückkehren.
Zu lange fehlte in den Bücherschränken der Wandel. Seit meinem letzten Umzug sind viele Bücher dazu gekommen und nur wenige gegangen. Jetzt entscheide ich für jeden Titel neu: behalten, verschenken, entsorgen?
Leichten Mutes und ohne Reue nehme ich Abschied von den meisten Schullektüren und ungeliebten Titeln aus dem Studium. Bye bye, Brecht und Böll. Ich werde euch nicht vermissen. Adios, zerfetzter, bekritzelter Shakespeare. Du hast eine schönere Ausgabe verdient – und ich eine zweisprachige.